Presse

Guitar Driver Karl Ritter

„Guitar Driver“ ist ein Dokumentarfilm über den österreichischen Musiker und Gitarristen Karl Ritter, der unter dem Pseudonym Leopold Karasek in Kurt Ostbahns Bandprojekt „Chefpartie“ berühmt wurde und anschließend begann, alle möglichen denkbaren Klangwelten der Gitarre zu erkunden. Regisseur Walter Größbauer zeigt Ritter beim Musizieren, über verschiedene Jahreszeiten hinweg in seiner Heimat in Österreich. Er begleitet Ritter in „Guitar Driver“ über den Zeitraum eines Jahres sowohl im Alltag als auch bei dessen Auftritten. Dabei gibt Ritter dem Regisseur und dem Zuschauer Einblick in sein Privatleben, erzählt seine Lebensgeschichte und vermittelt sein umfangreiches Wissen über Musik.

Kritik von filmdienst.de

Kritik von Musicaustria.at 

Im Die Presse Online Interview

Dunkle Intervalle „SOUNDRITUAL“

Karl Ritter (g, devices), Isabelle Duthoit (voice, cl), Franz Hautzinger (tp, devices), Christian Eigner (dr) In kürzester Zeit erfüllte ein mächtiger, mystischer Klangblock die Bühne. Karl Ritter, sympathische, nonkonformistische Fixgröße der heimischen Musikszene, kreierte diesen pulsierenden Drone, mittels Feedbacks, die er mit dem Wirbelbrett einer Akustikgitarre, das er über den Bühnenboden schleifte, als würde er Klänge einsaugen, erzeugte. Es lag unmittelbar auf der Hand, dass hier ein Musiker zur Tat schritt, der die klanglichen Möglichkeiten seines Instrumentes unter Einbezug der elektronischen Klangerweiterung, von Verstärkung und Live-Sampling, penibelst und wohlüberlegt ausgecheckt hat. Zusammengefasst hat er diesen Work-In-Progress Ansatz unter dem Titel „Soundritual“. Den er mit wechselnden Gästen verschiedenster Spielauffassungen ständig neu auslotet, um schlussendlich wieder bei sich selbst anzukommen. Für das aktuelle Ritual hat er sich zwei ebenso kompromisslose Klangstöberer in Person der französischen Vokalistin, Klarinettistin Isabelle Duthoit und des österreichischen Klangdenkers Franz Hautzinger an der Trompete und den popmusikgeadelten österreichischen Drummer Christian Eigner geladen. Es entwickelte sich alles in spontaner Interaktion, maximal mit Headarrangments als gelegentliche Angelpunkte. Kreativspange waren die Klangkonvolute von Ritter, die einen fesselnden Sog erzeugten. Durch zeitweilige rhythmische Strukturierung seines Spieles riss Ritter Fenster in die massiven Klangwände, in die seine MitspielerInnen ihre Zutaten pflanzten. Duthoit schraubte sowohl ihre Klarinette, primär jedoch ihre Stimme in diskante Stratosphären und erzeugte dann doch Verstörung Grund ihrer ausschweifenden Manieriertheit und übersteigerten Expressivität, wobei sie eine unglaubliche Intonationssicherheit wallten ließ. Hautzinger, der sich meistens ebenso diverser Effektgeräte bediente, ließ seine Trompete polyphon jubilieren oder mit abstrakter Klangfarbigkeit frohlocken bzw. erwiesen sich seine elektronifizierten Sounds als potenzierende Ergänzung zu jenen von Ritter. Der Schlagzeuger unterfütterte die Wuchtigkeiten mit präzisen rocktypischen Rhythmusvamps im Two Beat Prinzip, aufgelockert durch 16tel Triolen- und Paradiddle-Ketten. Dennoch implizierte die rhythmische Struktur eine gewisse Monotonie und Starrheit, untermauerte aber einen rituellen Charakter. Obschon diesem Aufeinanderprallen von martialischem Rockduktus und abstrakten Klanggruppierungen ein gehöriger Charme innewohnte, da Ritter es wirklich geschmackssicher zuwege bringt, Rockfunktionalismen mit dem Wagnispotential des Jazz in einander aufgehen zu lassen. Und stilistische Dogmen lässt er auf gescheite Weise außen vor. Der ritterschen Klangkosmos ist zweifelsohne signifikant persönlich, doch dieser an diesem Abend ritualisierte Teilbereich ließ eine durchwachsene Befindlichkeit zurück. Hochspannend bleibt jedoch der Umgang mit erimprovisierten Ordnungsprinzipien. Hannes Schweiger

Soundritual-Windhundrecords

»Soundritual« ist ein selten programmatischer Titel. Karl Ritter, Ausnahmegitarrist und Querdenker, ist schon zu lange dabei um noch jemandem was beweisen zu müssen. Dass er ein cooler Hund ist, weiß man seit seinem Debüt »Dobromann«. Und dass er spielen kann, ist ebenso allgemein bekannt. Anno 2012 geht Ritter entspannter denn je ans Werk und begibt sich mit »Soundritual« auf eine spirituelle Suche nach klanglicher Ausgeglichenheit. Jene gewinnt ihre Konturen aber erst in der Gegenüberstellung von Gegensätzen, daher durchbrechen auf dem Album zuweilen kreissägenartige Gitarrenattacken die Ruhe sanft gezupfter Flageolett-Töne. Musik im zeitgebremsten freien Fall, jedoch leicht und warm. Sperrige Songtitel sind die Türen zu Räumen so tief, dass deren anderes Ende nicht erkannt werden kann. Mit Battista Acquaviva steht Ritter auf »S.R.H. + 22.G.11« dabei eine eindrucksvolle Sängerin zur Seite, die seine Klangvorgaben durch Improvisation ergänzt und bereichert. »Soundritual« ist im besten Wortsinn meditativ.

Gabriel Mayr (März 2012)

Soundritual - Kritik

Karl Ritter: „Soundritual“.Musik mit Sogwirkung, Musik, die uns Zuhörende zu sich hineinzieht, wärmend umhüllt, dem Alltag entrückt: So präsentiert sich der Inhalt der CD "Soundritual" von Karl Ritter, dem ehemaligen Sideman von Ostbahn-Kurti, der sich in den letzten Jahren als jener experimentelle Freigeist profiliert hat, der er im Prinzip schon immer war. Der im niederösterreichischen Stockerau beheimatete Gitarrist nimmt im Zuge des neuen Projekts Bezug auf die von ihm gepflogene Usance, neue Räume durch Klänge zu reinigen, sozusagen auf Wellenlänge zu bringen. Zu diesem Zweck hat Karl Ritter im Studio bis zu 30 Gitarrenspuren übereinander geschichtet und faszinierende Drone-Kompositionen geschaffen. Musiken, die über die gesamte Dauer auf ein und demselben Bordun-Ton basieren und dennoch vielschichtiges mikrokosmisches Innenleben offenbaren.

Andreas Felber (Februar 2012)

Karl Ritter Soundritual

Ein Musiker, der immer wieder zu überraschen vermag, bei dem nie wirklich vorausgesagt werden kann, in welche Richtung er sich auf seiner nächsten Veröffentlichung bewegen wird und für den die Weiterentwicklung seines eigenen Sounds die höchste Prämisse darstellt, ist ohne Zweifel der österreichische Jazzer Karl Ritter.

„Soundritual“ (Windhundrecords), die neue CD des Ausnahmegitarristen, macht da keine Ausnahme. Losgelöst von allen musikalischen Begrifflichkeiten und Strukturen begibt sich Ritter in seinen neuen Kompositionen, beseelt vom Geiste des Experiments, auf eine spannende und atmosphärische Entdeckungsreise in die Welt der Klangkunst und Elektroakustik. Und das alleine mit seiner Gitarre (alleine beim letzten Stück erweitert sich das Klangspektrum um die Stimme von Battista Acquaviva), die er kurzerhand aus ihrem angestammten instrumentalen Kontext hebt und zu einem faszinierenden Klangkörper umfunktioniert. Gewöhnliches klingt definitiv anders.


Karl Ritter ist ein Paradebeispiel für einen echten musikalischen Freigeist. Grenzen, wenn es darum geht, seine Ideen zu verwirklichen, kennt der gebürtige Niederösterreicher keine. So ist das Festhalten an traditionellen Stildefinitionen nicht wirklich das Ding des sich in allen musikalischen Welten beheimatet fühlenden Gitarristen. Vielmehr geht es ihm stets darum, die von ihm selbst geschaffenen Freiräume zu füllen, seine eigene musikalische Sprache zu entwerfen, um sich selbst und dem Publikum neue und ungewohnte Perspektiven zu ermöglichen.
 
Den Titel der neuen CD, „Soundritual“, kann man in diesem Fall getrost als Programm verstehen, will das musikalische Ergebnis, welches der Gitarrist abliefert, einfach nicht in irgendeine stilistische Schublade so richtig hineinpassen. Es sind die kunstvolle Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Ton“ und der Bruch mit fast allen musikalischen Konventionen, die Karl Ritter in seinen Kompositionen an die Spitze treibt. Die insgesamt drei Stücke sind Atmosphäre pur, sie offenbaren sich als schwebende, den Raum vollends ausfüllende und aus einzelnen Tönen generierende Soundwolken. Hier regieren keine Melodien oder irgendwelche traditionellen Songarrangements. Vielmehr geht es um das Erzeugen sich ständig in Bewegung befindlicher Klangbilder, die ihre Spannung besonders aus der stetigen Verdichtung beziehen.


Der in Stockerau geborene Gitarrist zelebriert auf „Soundritual“ die meditative Macht der Monotonie, die vermutlich nur selten zuvor so abwechslungsreich und faszinierend geklungen hat. Ein Muss für Liebhaber unkonventioneller, avantgardistischer  und experimenteller Klangwelten.

mica/austria (Februar 2012)

Schall und Rauch Karl Ritter, Extremgitarrist

Von der Geige über Zappa-Epigonie zu Ostbahns "Prinz", als "Dobromann" zur Blechgitarre und immer weniger ein Spieler seines Instruments, vielmehr Vermittler dessen, was nicht gespielt wird. Zuletzt: Drei Gitarren, die Finger (nur) an den Verstärkern. 

Vor fünf Jahren lernte ich ihn kennen, was heißt kennen, bei den Hörspieltagen in Berging bei Neulengbach in Niederösterreich, er trat solo auf. Erst kamen ihm die Töne schön und bunt von der Hand, dann, er wippte, flogen sie ihm davon, er ließ sie fliegen, trat sie nach draußen, riss sie einzeln aus den Saiten, und wer nicht fliehen will, dem half er nach, verstimmte die tiefen Saiten, dann die hohen, sein Mund war riesig, wir nannten ihn bei uns die Lippe, wie er mit Stahl und Holz ein Rascheln, Klopfen, Singen machte, wie man es von der gemeinen akustischen Gitarre seit 160.000 Jahren nicht gehört hatte.

Ein Jahr später, wieder bei den Hörspieltagen, denn er ist ein Freund des Hauses, zeigte Karl Ritter sich zu dritt, ein deutscher Sprechgesang, frei erfunden, ein Schlagzeug und der Verrückte, der sein armes Instrument wieder zu allen erdenklichen Stücken trieb, nie gehört so was. Spannte die Saiten aus. Die deutschen Hörspiel-Regisseurinnen 60 plus verließen den Saal, man selbst hielt sich am Weinglas fest und wusste nicht warum. Diese Musik ist ein Fall für den Nervenarzt, der Mann dahinter aber irgendwie Genie. Man trank danach mit ihm ein Glas und sog an seiner Zigarette.

Spielen ist üben

Man kann das nicht Freundschaft nennen. Nach Schnitzler oder einem Schnitzlerfreund sind Freunde bloß zwei Menschen, die einander nicht nervös machen. Karl Ritter macht alles andere als nervös. Jedenfalls mich. Die deutschen Hörspiel-Regisseurinnen 61 plus verließen dann im nächsten Jahr ganz nachgerade das Konzert von Ritter, Eigner, Slavik.

Eigner zeugelt bei Depeche Mode, Slavik spielt auf seinem Dutzend-saitigen Bass verrückt, von Australien bis nirgendwo, sie haben nie geprobt. Sie haben nie geprobt, wie Ritter niemals probt, denn Spielen ist sein üben, und zeitgenössische Musik, "das kann man auch improvisieren". Man?

Zwischen den Tönen

Es vergehen zwei Jahre, und wieder bei den Hörspieltagen kommt der gute Herr mit drei Verstärkern, Gitarren, seiner Frau, wir stehen am Nachmittag auf der Veranda, es regnet, wir nippen ein Glas Rotwein aus, während er sagt, dass er nun nicht mehr spielt, nicht mehr Gitarre spielt, er hat schon alles gespielt, es geht ihm jetzt darum, was nicht gespielt wird, die Musik zwischen den Noten, ich denke an China, aber falsch. Er macht uns eine Zigarette. Wir schauen in den Regen. Was meint der Hüne, wenn er spricht? Er spricht wenig. Die Sätze einzeln, sie wirken. Was kann Herr Leopold "Prinz" Karasek von damals meinen, wenn er schweigt?

Am Abend wird es klar, nein, klarer, und da ist auch die Idee für eine Sendung über ihn geboren. Wir kommen in den Saal, vorne der Ritter, drei Verstärker, an den Verstärkern lehnen drei Gitarren, am Anfang ist lange nichts. Die Regisseurinnen warten, ich denk mir: Geil. Noch immer nichts. Der Ritter dreht an den Knöpfen der Verstärker. Nichts. Dann eine Welle, laut, ein Sinuston, Rückkoppelung, eh, aber wofür? – dafür!, sie bringt Saiten zum Schwingen, jetzt schwingen sie. Lauter, er fährt aus einem anderen Verstärker ein nächstes Sinusungeheuer aus, die deutschen Regisseurinnen 63 plus rennen, die Hände an den Ohren, aus dem Saal. Ich bin gelähmt, 50 Minuten lang, er nimmt zurück, lässt die Verbliebenen warten, wartet, baut wieder auf, bis alles, was hier schwingen kann, auch schwingt, reißt letztlich an den Saiten, verstimmt sie, kratzt an den Hälsen, schlägt auf die Bäuche, es ist laut, aber es kann gar nicht laut genug sein, nach 50 Minuten sind mir persönlich zehn vergangen. Deshalb die Sendung, eine Hommage.

Philip Scheiner (Jänner 2010)

 

"I waaß jo ois, oba i sogs ned."

Die meisten Kritiker wissen nicht, wo sie den Herrn Ritter einordnen sollen. Das ist kommerziell gesehen natürlich ein Jammer, aber trotzdem gut so. Er weiß es nämlich selber auch nicht. Karl Ritter wußte nur schon mit 25 Jahren, daß er mit 50 genau das tun wollte, was er jetzt auch wirklich tut. Und vielleicht auch schon vorher - beim Geigenunterricht im zarten Kindesalter, bei den ersten Versuchen mit einer eigenen Band, draußen in Stockerau und Umgebung, beim Experimentieren mit der Gitarre (erst recht mit der elektrischen) und mit diverser Studiotechnik.
Er hat Rock’n’Roll gespielt, nicht nur beim Ostbahn ("Des foit ois unter Forschung"), Film-Soundtracks aufgenommen, mit Ensembles und Musikern aus aller Welt zusammengearbeitet, wilde Avantgarde- und ruhige Unplugged-Konzerte gegeben, bunte Wände wieder weiß gestrichen und ein paar wirklich bemerkenswerte Soloalben (nicht nur "Dobromann", aber auch) aufgenommen. Auch wenn die Kritiker nicht immer verstanden haben, was er da eigentlich tut ... sein Publikum begreift’s.
So wie auch an diesem Abend, an dem Karl Ritter mit Freunden, Mitstreitern und Weggefährten im Porgy seinen 50. Geburtstag feiert ("I kann ma jo ned olle zhaus einladn ...") - mit einer Filmdoku, die speziell für diesen Anlaß gedreht wurde, viel Musik in wechselnden Formationen und einem rauschenden Fest.
Nicht einmal Weihnachten ist schöner.

Peter Hiess (Jänner 2010)

Ein Freigeist mit vielen Gesichtern, Versuch über Karl Ritter

Karl Ritter "mfgt" nicht. Er gehört auch nicht zu jenen, die ein E-Mail mit einem unverbindlichen "lg" abschließen. Karl Ritter schreibt vielmehr: "s.g." - und sagt damit "scheen Gruaß". Ein Detail, gewiss. Und doch auch ein Indiz. Denn: Das schreibt nur Karl Ritter. Und es sagt auch in der dialektalen Abweichung von der schriftsprachlichen Norm, im Willen zum Ausscheren aus den bekannten Bahnen, etwas über Ritter aus. Zumindest über seine Musik. Diesbezüglich hat er schon früh eigene Wege beschritten, abseits gut ausgeleuchteter Trampelpfade, ohne daraus ein Dogma zum Anders-Sein-Müssen abzuleiten. Ein Freigeist sei er immer schon immer gewesen, sagt Karl Ritter über sich selbst. Schon als Kind, im nördlich von Wien gelegenen Stockerau, wo er heute wieder lebt, hätte er vor allem dann Geige geübt, wenn der Vater aus dem Haus war - und er also stundenlang drauflos improvisieren konnte. Später, nachdem er im Alter von 13 Jahren zur Gitarre gewechselt war, standen ausgedehnte Forschungsreisen in vielerlei zeitgenössische Musik-Gefilde an. Der Punk von "The Clash" kam da gleich nach Zwölftonmusik. Frank Zappa stand neben Edgard Varèse. Sogar Ernst Kreneks 3. Sinfonie wurde von der Schallplatte transkribiert, jeder Ton selbst erarbeitet, erspielt, erspürt. Ritter ist Autodidakt - natürlich Autodidakt, ist man versucht zu sagen. Vielleicht ein Mitgrund dafür, dass die seine Musik, ob geräuschhaft, ob klangschön, stets expressiv, prägnant, von plastischer Intensität ist. 


Doch halt! Wie passt der Herr Ostbahn in dieses Bild? "Der Ostbahn-Kurti ist mir ja eigentlich nur passiert", pflegt Karl Ritter über das Engagement zu sagen, durch das er es in Österreich zu großer Bekanntheit gebracht hat - und das gleichzeitig für so manches Missverständnis in Bezug auf die öffentliche Wahrnehmung des Gitarristen verantwortlich ist. 15 Jahre lang, von 1988 bis 2003, bereicherte Karl Ritter u. a. als "Prinz Karasek" die "Chefpartie" und die "Kombo" von Ostbahn-Kurti alias Willi Resetarits mit rockig-bluesigen Gitarrentönen. Eine gute Zeit, in der er viel gelernt habe, sagt Karl Ritter. Eine Zeit, in der - trotz Soloprojekten wie "Dobromann", trotz Auftritten mit Otto Lechner und im Free-Rock-Trio "Sel Gapu Mex" mit Al Slavik und "Depeche Mode"-Drummer Christian Eigner - indessen zumeist nur eines von Ritters vielen Gesichtern zu erleben war.

Wohl auch deshalb strömt die Musik seit dem Bühnenabgang von Ostbahn-Kurti anno 2003 nur so aus ihm heraus. Die andere, in den Jahren davor weniger hörbare Musik. "Atmen" heißt das erste, großartige CD-Statement mit programmatischem Titel, in dessen Rahmen sich Ritter als Meister trashiger, frei improvisierter Meditationen über den Blues erweist. 2007 zeigt Ritter gleich zwei neue Gesichter: eines blau, das andere rot - so prangt sein Konterfei auf den CD-Covers. Ritter, der Kosmopolit eigener Prägung, der mit splittrigen, obertonreich verzerrten Gitarrensounds indische wie westafrikanische Klangsphären neu erschließt, um sich nicht zuletzt in die unglaublichen Antilopenhorn-Patterns des Tonga-Volks in Zimbabwe einzuklinken. Ritter, das Naturereignis mit Köpfchen, das die Resultate der elektronischen Musik mit der rohen Energie von Rock und Noise kurzzuschließen trachtet. Schon steht die Post-Ostbahn’sche Trilogie des Karl Ritter. Nein, das ist kein "Kreativ-Rocker" , der solche Töne von sich gibt: Dass mit diesem "Argument" im Jahr 2005 die Nominierung Ritters für den Hans-Koller-Preis abgelehnt wird, sagt gleichermaßen viel über das Phänomen selektiver Wahrnehmung wie über die Zähigkeit medial etablierter Bilder aus.

Ritter hingegen kümmert dies kaum. Er geht weiter seinen Weg. Färbt im Trio "Weiße Waende" mit Text-Improvisator Christian Reiner und Schlagzeuger Herbert Pirker spontane Wortcollagen mit Klängen ein. Vollführt im Rahmen des 2008 erschienenen Soloalbums "Traumland" wundersame assoziative Metamorphosen zwischen Laute, Cembalo und Bottleneck-Gitarre, durchreist unbekümmert Kontinente und Jahrhunderte und bleibt doch stets bei sich. Im jüngsten Trio, mit Saxofonist Andrej Prosorov und Schlagzeuger Dušan Novakov, kommen indessen plötzlich zarte melodische Linien zum Vorschein, kammermusikalische Songstrukturen, die als Angelpunkte für frei improvisierte Gedankenflüge fungieren. Das ist Musik, die ins Ohr geht, und aus der dennoch eine besondere Dringlichkeit spricht, die sich aus dem Wissen um die Möglichkeit speist, im nächsten Moment ins geräuschvolle Gegenteil kippen zu können. Kein Zweifel: Karl Ritter hat aus den verschiedensten musikalischen Stilen und Sprachen seinen eigenen, unverwechselbaren, ebenso kraftvollen wie poetischen musikalischen Dialekt geformt.

Andreas Felber (Jänner 2010)

DVD Kritik: Am Anfang war die Improvisation

Am Anfang war... der kleine Karl. Fasziniert von der Welt der Klänge war die Liebe seines Lebens vorprogrammiert. Das breite Publikum kennt Karl Ritter als Leopold "Prinz" Karasek von der Chefpartie des Kurt Ostbahn. Dies ist aber nur ein Marginaler Teil des Künstlers. Die DVD beleuchtet den besessenen Grenzgänger, der Musik atmet und lebt. Man sieht wie Karl Ritter Extreme auslotet, vom Jazzrockbassisten zum Akustik - Spieler, von Klangcollagen zum Dobromann. Man spürt förmlich, dass sein Leben ohne Musik nicht funktionieren würde, erlebt wie jeder Ton seine eigene Faszination auf den Musiker ausübt. Obwohl, als Musiker im eigentlichen Sinn darf man Karl Ritter nicht verstehen, dazu ist im das Universum der Tonkunst zu heilig. Zu Wort kommen einige seiner Wegbegleiter wie der schon oben angesprochene Willi Resetarits, Erich Buchebener, Thomas Pernes oder Joana Lewis. Großartiges Zeitdokument!

Mr. Piet (Jänner, 2010)

Am Anfang war die Improvisation: Musikdokumentation über Karl Ritter

Am 23.12.2009 feierte Karl Ritter auf der Bühne des Wiener Porgy & Bess anlässlich seines 50ers ein rauschendes Fest mit vielen prominenten Gästen. Als Einstimmung auf das Konzert gab es die von Fred Ilger gestaltete Dokumentation "Am Anfang war die Improvisation" zu sehen, die den Werdegang des vielseitigen Musikers aus Stockerau und seine über 30-jährige Karriere näher beleuchtet. Dieser spezielle Film ist nun auch auf DVD erhältlich.
Obwohl viele Karl Ritter vielleicht nur als ehemaligen Gitarristen von Kurt Ostbahn (aka Leopold 'Prinz' Karasek bzw. Karl Ritter von Stockerau) kennen, hat der Niederösterreicher viel mehr zu bieten. Dazu gehören neben einer eindrucksvollen Solo-Karriere (u.a. "Dobromann", 1995), vor allem viele kleinere Projekte und Kollaborationen mit einer ganzen Heerschar von Musikern aus den unterschiedlichsten Bereichen und Genres. Inspiriert von einer Western-Gitarre, die er als Jugendlicher zufällig auf der Geburtstagsparty seines Onkels entdeckte, begab sich der angehende Musiker Karl Ritter auf eine spannende Entdeckungsreise nach neuen Ausdrucksformen auf der Gitarre, die bis heute andauert. Und der Autodidakt (!) hat auf dieser verrückten Tour bis jetzt (fast) nichts ausgelassen: Von Noise bis Rock, von Experimentell bis Traditionell, von Punk bis Jazz, vom Windhund-Orchester bis zu den Weißen Wänden (Projekt-Titel), von Stockerau bis nach Afrika.
Fred Ilger hat es in seiner ca. 50-minütigen Dokumentation perfekt geschafft, alle unterschiedlichen Facetten des Musikers einzufangen, zusätzlich geben auch die von Peter Hiess geführten Interviews mit Kollegen wie Willi Resetarits, Erich Buchebner, Joanna Lewis, Thomas Pernes u.a. höchst interessante Einblicke. Dazu gibt es jede Menge Konzert-Ausschnitte, die das riesige Klangspektrum von Karl Ritter manchmal besser demonstrieren, als jede wortreiche Erklärung. Wer sich für Karl Ritter und seine Musik näher interessiert, kommt an dieser DVD nicht vorbei. Und: Unbedingt bis zum Schluss dranbleiben, da hat Akkordeonist Otto Lechner noch ein witziges Bonmot auf Lager, das man nicht versäumen sollte.

Robert Fischer (Dezember 2009)

Weisse Wände frei erfunden

Eine echte Supergroup made in Austria. Wortkünstler (und Ausnahmesänger!) Christian Reiner, Zeugler Herbert Pirker & Gitarrengott Karl Ritter machen Pop, Rock, Soul, Spontan-Literatur. Intensiv, zwingend, spontan, mit Refrain-Melodien, für die manche ihre Seele verkaufen würden. Dass sie dabei aus der Hüfte schießen, macht die Sache noch spannender. "Ein Eichhörnchen hat hier im Wald eigentlich relativ viel zu sagen."

Genial, sag ich.

Andreas Russ (Kurier, Juni 2009)

Karl Ritter / im Porgy

Mit dem Wiener Karl Ritter ist am 5. Februar einer der im Moment wohl vielseitigsten und aktivsten österreichischen Blues- und Jazzgitarristen im Wiener Porgy & Bess zu Gast. Mit seinem neuen Akustik-Soloprogramm "Traumland" stellt der Musiker einmal mehr seine enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Karl Ritter bedarf keines großen Ensembles, um die Bühne mit Leben zu erfüllen. Er selber ist das Orchester. Sein Spiel ist so mannigfaltig, dass er problemlos in unterschiedlichste Rollen schlüpfen kann und sich dabei nicht übernimmt. Mit seinem aktuellen Soloprogramm „Traumland“ tritt der Wiener Gitarrist einmal mehr den Beweis an, dass eine schlichte Akustikgitarre ausreicht, um Klangwelten epischer Größe zu erschaffen. Stilistisch ist Ritter so und so nicht einer bestimmten Kategorie festzumachen. Egal ob Jazz, Klassik oder Improvisation, alles kumuliert in diesem einen für den Musiker so typischen Stil. Die BesucherInnen dürfen an diesem Abend einem wunderbaren Hörerlebnis entgegenblicken.

mica/austria (Februar 2009)

Gitarre und Traumland - Karl Ritter

Akustische Gitarre. Halsbrecherisch virtuos, dann lyrisch-Grenzen erkundend und wieder zart.
Dazu Piano, wortlose Stimme. Und Sounds, die schwierig zu indentifizieren sind, aber sich harmonisch in das geradezu orchestrale Werk einfügen. Alles vom Ritter.
Einzigartig.

Andreas Russ (März 2009)

Gitarristische Traumreisen

Ein halbes Jahrhundert wird er anno 2009 jung, sich selbst und den Rest der Welt beschenkt Karl Ritter, der Gitarristen-Forschergeist, der sich längst von der Etikettierung als Kurt-Ostbahn-Gitarrist freigespielt hat, mit einem tollen Solo-CD-Opus: Auf Traumland (Extraplatte) tönt der Hörerschaft erneut ein anderer, dennoch unverwechselbarer Karl Ritter entgegen, verinnerlicht, reduziert aufs Essenzielle, jeden Ton mit Bedeutung und praller Plastizität, expressiver Energie aufladend. Ritters Instrument vollzieht unter seinen Händen klingende Metamorphosen zwischen Laute, Cembalo und bluesig-trashiger Bottleneck-Gitarre

Andreas Felber (Februar 2009)

Karl Ritter - Traumland - 5 Punkte

arl Ritter, der Ritter an der Gitarre, hat wieder zugeschlagen und sein bis dato bestes Solowerk abgeliefert. Anscheinend hat der Mann, abgeklärt wie nun mal schon ist, alle Einflüsse seiner langjährigen Musikerkarriere in diese CD einfließen lassen. Nur mit Gitarre, ein wenig Piano und Stimme, schafft Karl Ritter hier eine derartig abwechslungsreiche CD dass man sich nur wundern kann wo der Mann all diese Inspirationen hernimmt. Ach ja, aus seiner langjährigen Karriere, sieh oben! Aber damit kann auch nicht alles erklärt werden. Es muss schon in einem drinn stecken und raus wollen und dann muss eben auch noch das Können da sein um all dies so klingen zu lassen wie es nun mal klingt, schlichtwegs perfekt nämlich. Besser kann eine Solo CD nicht sein. Von fingerbrechenden Exkursionen auf den sechs Saiten zu traumhaft schönen, fast melancholischen Momenten ist es für Karl Ritter nur ein kleiner Schritt. Es ist an der Zeit ihm auf diesem Weg zu folgen!

akro (Jänner 2009)

Karl Ritter - Traumland

Was gibt es schöneres als eine Herbstlandschaft. Die vielen verschiedenen Farben, der noch nicht kalte Wind, die noch wärmenden Sonnestrahlen, das sich immer wieder durch die vielen herab fallenden Blätter verändernde Bild.
Aber vielleicht haben Sie eine andere Vorstellung Ihres Traumlandes. Egal, Karl Ritter erfüllt alle Möglichkeiten musikalisch mit seiner Gitarre, seiner Stimme und seinem Piano.
Wie kann ein einzelner Mann einen so weiten Horizont von musischen Ausdrucksmöglichkeiten finden?
Ritters Folk, Jazz, Blues und Rock sind ein faszinierendes Beispiel für Soli, Soli denen man stundenlang zuhören möchte.
Suchen Sie sich ihr Lieblingsmusikstück aus und denken Sie an jene Passage, die Sie immer und immer wieder hören möchten, im Jazz ein Solo, in der Klassik ein Adagio, im Rock ein geniales Riff und stellen Sie sich vor, die Passage wäre 57 Minuten lang, der Sound jedoch immer anders und faszinierend, dann nähern Sie sich dem Wirken von Karl Ritter.

bak (jänner 2009)

Ein Traumland, einfach so

Das Klangraumorchester Karl Ritter legt mit "Traumland" sein nächstes Werk in epischer Größe vor. Und wie viele sicherlich wissen hat es ein Epiker besonders gut. Er - der Epiker - muss sich im Gegensatz zum Dramatiker nicht einengen lassen von Raum und Zeit, kann also zeitdehnend agieren, aber auch zeitraffend oder zeitdeckend, er kann sich Rückblenden bedienen oder künftige Ereignisse vorwegnehmen. Auf "Traumland" findet sich vieles von all dem wieder. Im Titelstück zum Beispiel, in dem, um Nietzsche nachzusprechen, nichts mehr eigen ist als die Träume und nichts mehr als das Werk. Karl Ritter der Große absorbiert hier die ganze Kraft und Größe eines Traumlandes und transformiert es in die Realwelt. Einfach so. Zwölf mal. In einem Mandala aus der Rigveda [der älteste Teil der vier Veden aus dem Hinduismus; Anm.] heißt es an einer Stelle "Es gibt so viele Morgenröten, die noch nicht geleuchtet haben", mit Ritters "Morgenröte" kommt jene endlich wieder ordentlich zum Leuchten. Es ist keine Schamesröte wie jene von Phaetons Tante Eos - der Morgenröte aus der griechischen Mythologie [bei Eos färbte sich der Himmel am Morgen aus Scham rot; Anm.], sondern kostbare drei Minuten für einen kostbaren neuen Tag. Ja, und es gibt auch den "Almtraum" - einen Sommer auf der Alm, dort, wo "Ziegen ziehen" bis es wieder Zeit wird zum "Aufbruch", denn es ist schließlich bereits "November" und von "Trabitsch" [einem weiteren hervorragenden Gitarristen aus Österreich; Anm.] hat sich der Ritter auch schon verneigt. Da kann man sich dann entscheiden, fliegt man ins "Niemandsland", nach "Enoe" [eine Stadt im Walker County, Alabama; Anm.] oder von Planet zu Planet, wie im "Planetenflug"? Letzt genanntes ein Stück als zentrales Element eines Raumes, bei dem die Ordnung im Planetensystem mit einer akustischen Umgebung korreliert. Der Gitarrist, übrigens, ist ja kein Angeber und beschränkt sich nur auf das Wesentliche, berücksichtigt also auch den ruhenden Raum und bringt so bis dato ungehörtes zu Gehör. (Achtung, Wiederholung:) Einfach so. Der Ausgang aus dem Traumland führt über "Grüner Mond" - relative Verwandtschaftsverhältnisse zu Weills "Grüner Mond von Alabama" und zum Spätwerk von Miró sind nicht auszuschließen können allerdings - Dings aller - auch nicht bestätigt werden. Vereinfachte Miró in seinem "Grünen Mond" die Formen so stark, dass man eigentlich nur noch Striche erkennen kann, was einem wiederum sehr entfremdend vorkommt, vollzieht Ritter hier mit Eleganz die Schließung des Kreises kraft seiner Stimme. "Traumland" ist ein Traum von einem Land, das auf den Namen Musik hört. Aber ja (Vorsicht, mehrfache Wiederholung): Einfach so.

Manfred Horak (Jänner 2009)

Globale Selbstgespräche

Der Gitarren-Freidenker Karl Ritter und Ex-Sideman von Ostbahn-Kurti hat kürzlich gleich drei neue, sehr hörenswerte CDs herausgebracht.
Karl Ritter demonstriert mit seinen Veröffentlichungen seine stilistische Vielseitigkeit abseits des Favorit’n-Blues.
Wien - Manchmal brennen Fragen derart auf der Zunge, dass man sie stellen muss, auch wenn man die Antwort schon zu kennen glaubt. Ob denn also der Bühnen-Rücktritt von Ostbahn-Kurti im Jahr 2003 die musikalische Neugeburt des Karl Ritter bedeutet hätte? "Natürlich nicht", sagt eben dieser Karl Ritter erwartungsgemäß. "Ich mache seit 30 Jahren meine Sachen. Ich habe auf der Gitarre von Anfang an herumexperimentiert, ich wollte für mich die Musik neu erfinden. Der Ostbahn ist mir quasi passiert", so der Stockerauer in seiner wohltuend ungeschminkten Art.
Ein Freigeist sei er ja schon immer gewesen, der Karl Ritter. Schon als Kind hätte er vor allem dann Geige geübt, wenn der Vater aus dem Haus war: "Weil die Mutter nichts von Musik verstanden hat. Da konnte ich dann einfach drauflos improvisieren." Später wurde in allen Richtungen geforscht, jeder Ton autodidaktisch erarbeitet, erspielt, erspürt: Von Frank Zappa über Edgar Varese und Ernst Krenek, dessen 3. Sinfonie er Note für Note von der Schallplatte transkribierte, bis hin zu Jazz, Rock, Punk. "Mir ist es immer darum gegangen, viel aufzusaugen und das in meine Musik einfließen zu lassen."
Wie Ritter Kurt Ostbahn "passierte"? "Ich habe in den 1980ern oft im Schmettersound-Studio aufnehmen können, als Gegenleistung für Arbeiten am Haus. Da liefen Resetarits und ich uns über den Weg. Wobei diese Blues-Sache damals für mich schon ein alter Hut war", so Ritter, der dennoch die Freiheiten in "Chefpartie" und "Kombo" schätzte, in denen er insgesamt 15 Jahre werkte: "Ich habe dort viel gelernt. Es war eine lustige Zeit. Jetzt ist halt wieder mehr Platz für mich und meine eigene Musik."
Dass der Ruf als "Ostbahn-Gitarrist" eine längere Nachhallzeit hat, dessen ist sich Ritter bewusst. Obwohl er bereits 2004 die Solo-CD "Atmen" veröffentlichte, die ihn als Erzähler spannender, trashig-bluesiger Geschichten zeigte, die einem Marc Ribot alle Ehre gemacht hätten, wurde noch ein Jahr später seine Nominierung für einen bekannten österreichischen Jazzpreis abgelehnt. Begründung: Bei Karl Ritter handle es sich um einen "Kreativ-Rocker". Ein Missverständnis, das nach Erscheinen der nicht minder formidablen Alben "Blau" und "Rot" (Windhund Records/Extraplatte) ausgeräumt sein dürfte.
Ersteres zeigt Ritter als kosmopolitischen Freidenker, der einmal indische Klänge imaginiert, dann seine splittrigen, verzerrten Sounds in die faszinierenden Antilopenhorn-Patterns des Tonga-Volks in Zimbabwe integriert. Um sich in "Drachenkampf" als geräuschvoller, hochmusikalischer Griffbrettwürger zu erweisen. Ein Link zu "Rot", wo die raue, frei improvisierende Seite Ritters ein überraschungsreiches Forum erhält. Die spontanen Trios mit Text-Improvisator Christian Reiner und Schlagzeuger Herbert Pirker sind - unter dem Bandsignet Weisse Waende - auch auf dem dritten neuen Silberling nachzuhören.
48 Jahre ist Ritter und fühlt sich jung genug, noch einmal durchzustarten. "Österreich ist für die Musik, die ich mache, ein guter Ort. Dennoch sage ich mir heute: Weiter wachsen, weiter forschen kann ich wohl nur mehr im Ausland. Meine Kinder sind aus dem Haus. Vielleicht mache ich diesen Schritt noch."

Andreas Felber (September 2007)

Ritter - Das blaue Album - 4,5 Punkte - Extraplatte Ritter - Das rote Album - 4,5 Punkte - Extraplatte

Ritter ist Karl Ritter, Ritter ist der Gitarrist aus Österreich der noch immer sträflich unterschätz wird denn wer einmal live gehört hat, was Karl Ritter mit den sechs Saiten einer Gitarre so alles anstellen kann kommt nicht umhin, ihn als DEN Gitarristen zu bezeichnen der es schon lange verdient hat, unter die Besten der Welt gereiht zu werden.
Mit dem roten und dem blauen Album, "Assoziationen zu den Beatles waren weder geplant noch im Moment des Entstehens angedacht. Ich wollte ganz einfach zwei CDs die nicht durch einen programmatischen Titel gedeutet werden sondern ganz einfach die Musik im Vordergrund haben, produzieren.", so Karl Ritter im Originalwortlaut, legt er ein grenzgeniales Duo an CDs auf.
Die "blaue" CD ist die "leisere", die CD auf der die Gitarre in ihrer etwas stilleren Form im Vordergrund steht und auf der die Kompositionen, auch durch die Betitelung der einzelnen Stücke, "Drachenprinzessin", "Naturmaschine" und "Allein zu zweit" seien hier beispielhaft genannt, einen flüchtigen romantischen Charakter haben.
Auf der "roten" CD geht es brachialer zu. Da werden fingerbrechende Soli gespielt, da knallt einem so manche Nummer mit Gewalt entgegen und zeigt die andere Seite des Gitarrenvirtuosen Karl Ritter. Auf beiden CDs finden sich etliche Gastmusiker ein, erwähnt seinen hier Sigi Finkl, Franz Hautzinger, Herbert Pirker und als Stimme die es zu Entdecken galt Christian Rainer.
Zeitgleich erschien von Karl Ritter eine CD unter dem Titel "Weiße Wände"

Akro (Mai 2007)

KARL RITTER - ATMEN

Ritters solistische Exkursionen sind kein Folk, liebe Puristen, aber es ist Weltmusik, das Abenteuer unentdeckter Klänge abseits jeglicher Kategorien, in die Ritter in den Exkursionen auf seiner Gitarre mitnimmt. Da ist Bluesgefühl, ja, doch da öffnet sich vertrautes Terrain plötzlich in unbekannte Welten, die er aus seinem Instrument erlauscht.
Doch Ritter betritt einfach die vertraute Welt durch verborgene Tore, entdeckt, erforscht, schwelgt, lauscht.....Hier lässt sich die ganze persönliche Welt des Individualisten erleben, der sich nicht um Kategorien schert.

Steffen Basho-Junghans (Jänner 2005)

"Diese Musik habe ich schon lange im Kopf gehabt!" Karl Ritter

Eigentlich müsste Karl Ritter dank seiner Künste auf der/den Gitarre/n längst ein Weltstar sein. Uneigentlich ist der ungewöhnlich familienbezogene Breitbandmusiker "nur" der Superstar der österreicherischen Gitarristenszene. Wie es dazu und zu einigen anderen bemerkenswerten Erkenntnissen gekommen ist erzählt Karl Ritter aus Anlass des Erscheinens seiner neuen CD "Atmen" in seinem kleinen aber feinen Studio in Stockerau.

Deine neue CD, "Atmen", ist sie ganz bewusst ruhig gehalten in dieser hektischen schnelllebigen Zeit?
Absolut! "Atmen" ist genau die CD die ich schon lange machen wollte. Eine CD bei der die Gefühle und Empfindungen im Vordergrund stehen, bei der ich bewusst auf den "groove" verzichtet habe. Es ist auch nichts Esoterisches, es ist ganz einfach schöne Musik. Ich wollte es musikalisch reduzieren, jeder einzelne Ton muss sich selbst tragen. Ich habe erkannt, dass es viel einfacher ist mit vielen Tönen schnell zu spielen als mit wenigen Tönen langsam. Bei der Präsentation deiner CD im Radiokulturhaus klang die Musik aber trotzdem härter, schneller und direkter als auf der CD! Ja, live muss man ganz einfach druckvoller spielen. Es macht einen Riesenunterschied ob ich hier im Studio spiele oder vor Publikum. Da kommt die Musik ganz einfach anders rüber und gerade das Radiokulturhaus mit seiner wunderbaren Akustik bietet sich dafür eben an. Ich habe das Programm aber auch in einem kleinen Club vor rund 80 Zuhörern gespielt und es war wunderschön. Ich habe geweint auf der Bühne weil es so schön war. Das sind die Momente in denen es sich lohnt das Leben eines Musikers zu leben. So etwas passiert selten, aber wenn es passiert weißt du warum du Musiker geworden bist.

Wolltest du schon immer Musiker werden?
Ich habe schon als Jugendlicher gewusst, dass ich einmal Musiker werden würde. Schon mit 15, 16 Jahren habe ich auch begonnen Musikerbiographien und musiktheoretische Bücher zu lesen. Ich wollte immer wissen was genau dahintersteckt. Die Gedankenwelten und Kompositionstechniken von Edgar Varese waren für mich immer genauso wichtig wie die von Frank Zappa. Ich habe damals auch fast nie Gitarrenplatten gehört, mir ging es um die Systeme. Krenek, Varese, Zappa, da haben mich die Sprachen, die Systeme interessiert! Ich habe einen riesengroßen Horizont und kann mich da überall einbringen. Und dieser Hintergrund ist heute in meiner Musik drinnen. Heute fühle ich mich in allen Stilen zuhause und kann mit allem etwas anfangen - was für mich als Breitbandmusiker extrem wichtig ist.

Breitbandmusiker? Du meinst deine diversen, extrem unterschiedlichen Projekte mit denen du dich beschäftigtst?
Genau die meine ich. Egal ob ich solo unterwegs bin oder mit Otto Lechner arbeite, ob ich mit afrikanischen Musikern zusammenarbeite oder mit Franz Hautzinger in seinem Regenorchester - ich bin für sehr viel offen. In Österreich gibt es ja keine Musiktradition wie zum Beispiel in Brasilien. Da nimmt niemand die Gitarre ganz einfach zur Hand und spielt. Die Tradition die es bei uns gibt wird ja ganz anders gelebt, es ist so extrem viel Vergangenheit. Österreich war einmal das Zentrum der musikalischen Welt und davon zehren wir heute noch.

Ist das "Breitbandmusizieren" eine Notwendigkeit um als Musiker zu überleben oder geschieht es aus einem inneren Drang heraus?
Weder noch! Ich mache es gerne und ich könnte mir ein Musikerleben ohne dieser breiten Streuung meiner Aktivität gar nicht vorstellen, und ich bin zufrieden mit meinem Leben. In Amerika habe ich Musiker kennen gelernt, die technisch ebenfalls erstklassig waren, aber eben nur in eine bestimmte Richtung. Wie es über ihren Stil hinausgeht stehen sie an, da können sie dann nicht mehr weiter - und sie kämpfen tatsächlich täglich ums Überleben. So gesehen kann man in Österreich als Musiker gut leben. Ich wollte immer eine Familie und ich kann es mir heute leisten als Musiker mit meiner Familie gut zu leben.

Alfred Krondraf (September 2004)

KARL RITTER Die Hauchseele des Karl Ritter

In "Atmen" nimmt Gitarrero Karl Ritter den Blues zum Ausgangspunkt

Im Altertum und bei vielen Naturvölkern gab es die verbreitete Vorstellung, dass der Atem oder Hauch Träger der Seele sei. Nach dieser Vorstellung konnte der Atem als Hauchseele seinen Träger verlassen und eine magische, heilende Wirkung erzielen oder als Schattenseele schädigen. Im Verhältnis von Atman und Brahman findet sich im indischen Bereich eine vergleichbare Konzeption. Anhalten und Kontrolle des Atems verbinden Konzentrations- und Ekstasetechniken mit erkenntnistheoretischen und kosmologischen Vorstellungen. Der aus dem Sanskrit stammende Begriff Atman (dt; »Selbst«) ist Zentralbegriff der indischen Philosophie, Bezeichnung der Person des Menschen, speziell seiner geistigen Essenz, verkörpert in Lebenskraft, Bewusstsein, Erkenntnis. Nach der monistischen Lehre des Advaita-Vedanta sind Atman und Brahman, das geistige Absolute, also identisch. Die Erkenntnis dieser Identität führt in Folge zur Erlösung.

"Atmen" nennt sich auch der neue Tonträger vom Gitarristen Karl Ritter und dieser kurze Abriss bezüglich Atem war insofern notwendig, damit man in etwa ein Gefühl erhält in welche Richtung sich Herr Ritter musikalisch bewegt, denn Lebenskraft, Bewusstsein und Erkenntnis ist nicht nur die geistige Essenz der indischen Philosophie, sondern scheint auch eine wichtige Rolle im Gitarrenspiel und vermutlich auch im Leben des Karl Ritter zu sein.
Der 1959 im niederösterreichischen Stockerau geborene Gitarrenvirtuose besinnt sich auf "Atmen" auf das, was er am besten kann, nimmt den Blues als Ausgangspunkt für seine Gefühlsmomente, um damit zu experimentieren, improvisieren und seiner Beseeltheit Ausdruck zu verleihen. »Spielen, nicht üben.«, war sein Motto - ein Abenteuer, das bis heute geblieben ist. Zwischen 1988 und 1994 bediente Karl Ritter als Prinz Karasek das Stromruder bei Ostbahn Kurti & die Chefpartie (seit 1996 Kurt Ostbahn Kombo), 1997 gründete Ritter die Band Sel Gapu Mex, über deren CD »Verliebt« (Windhund; 2002) in der jazzzeit folgendes zu lesen war: »Gitarrenritter Karl der Erste, seine Majestät und Ex-Chef von der Partie reitet gemeinsam mit dem Basskanzler Al Slavik und Christian Eigner, der jeden Drumcomputer und sämtliche Crossrhythmen niedertrommelt, durch die Musikprärie der hohen Improvisationskunst, [..] dabei stellt sich eine Frage: Nämlich, weshalb Karl Ritter nicht weltumjubelter Gitarrenhero ist. Was er seiner Gitarre entlockt, ist weltmeisterlich, von Stagnation seiner Kunst keine Spur, [..] Mit Sel Gapu Mex formierte sich jedenfalls eine Band, die nicht selbstverliebt ist, sondern in die sich Musikfreunde verlieben.«

Weitere Musikexperimente bzw. Tonträgeraufnahmen mit seinen Windhundhaberern Melissa Coleman, Otto Lechner, Herbert Reisinger, Joanna Lewis - sei es "Nuages", sei es als Gastmusiker auf "Songs for the Boys" (beide ebenfalls 2002) - zeigten in beeindruckender Manier die schier endlose Kreativität der "Windhunde" und die impressionistische Kraft Karl Ritters. Diesen drei hervorragenden Alben folgt mit "Atmen" nun also ein Soloalbum des Gitarrero, das zum Einen die Magie der Stille folgt und zum Anderen erneut Unbekanntes zutage fördert, oder, wie es in den Liner-Notes von Martin Lengauer zu lesen ist: »Manchmal kriecht Karl Ritter förmlich in den Korpus seiner Akustischen, klaubt Reste von Kinderliedern und Traummusiken daraus hervor, um im nächsten Augenblick zu verstummen und die Macht der Pause auszukosten.«
Befürchtungen, bei "Atmen" - und Titeln wie "Weite" und "Der Tänzer" - handle es sich um eine vernachlässigbare und schwer nervende esoterische Gitarrendudelei, brauchen dabei keine bestehen, Ritters Gitarrenspiel wie auch die Stücke selbst, was z.B. Melodie und Sound betrifft, gehen ganz andere, eigene, Wege, und folgen zudem seiner Sehnsucht »den Mist, der uns Tag für Tag Ohren, Augen und Hirn verstopft« zu besiegen. Und tatsächlich erzielt "Atmen" auch eine therapeutische Wirkung, entspannt, lenkt ab, zeugt positive Energie anhand mitreißender,leidenschaftlicher, Klangspuren. Leiwand.

Manfred Horak (August 2004)

Ein- und Ausatmen mit der Gitarre Der Gitarrist "Karl Ritter von Stockerau"

Als er noch mit Kurt Ostbahn und der Chefpartie auf der Bühne stand, hieß Karl Ritter noch "Prinz Karasek". Günter Brödl nannte ihn "den Dobromann". Heute "atmen" er und seine Gitarre allein auf seiner neuen CD, einem Meisterwerk der neuen Musik.
Karl Ritter zählt zu den vielseitigsten Musikern Österreichs. Der Gitarrist, der wegen seines Heimatortes gerne auch "Karl Ritter von Stockerau" genannt wird, ist vielen auf unterschiedliche Weise bekannt.

Die Jahre mit Kurt Ostbahn
Jahrelang war Karl Ritter Mitglied der Chefpartie. Eine Zeit, die für ihn wichtig war, denn der "Chef" ließ seinen Musikern immer viel Freiheiten. Da war immer Raum für Improvisationen. Und es war Raum für die vielen anderen Projekte, die Karl Ritter verfolgte und durchzog.

Jazz, Blues und Rock
Karl Ritter, der zunächst Geige lernte, lernen musste, wie er betonte, entdeckte als Teenager die Gitarre für sich. Ritter ist Autodidakt. Die Gitarre ist ihm Mittel, sich auszudrücken, seine Gedanken in eine Form zu gießen, eine musikalische Form natürlich. Ritters Musik ist immer spannend. Spürbar ist stets eine ungeheure Intensität. Oft sind Ritter die ungespielten Töne die wichtigsten. Schnörkel mag er keine. Die Gedanken purzeln pur aus ihm heraus, formen sich blitzschnell. Angesiedelt ist das im Idealpunkt zwischen Hirn und Bauch. Jazz, Blues, Rock - alles ist da.

Der "Dobromann"
Günter Brödl nannte Ritter einmal einen Grenzgänger und einen radikalen Erneuerer und Visionär. "Und schließlich", schreibt Brödl, "Karl Ritter ist der Dobromann, weil er seiner silbernen Blechbüchse Töne entlockt, die von geradezu übernatürlicher Schönheit sein können, aber auch von bestialischer Kraft."

"Seht und hört, das bin ich"
Ritter vereinigt alle guten Eigenschaften, die geniale Musiker auszeichnen: er ist ein Suchender, ein Ästhet, ohne es vielleicht sein zu wollen, er ist ein guter Zuhörer, der auf die Ideen anderer reagiert, wenn sie zusammen spielen. Und er ist bei seinen Solokonzerten einer, der gleichsam nackt sein Innerstes nach Außen kehrt, als würde er rufen: "Seht und hört, das bin ich."

Kein "Schablonenritter"
Der 1959 geborene Ritter ließ sich nie in eine Schablone pressen. Mit Melissa Coleman, Cello, und dem Akkordeonisten Otto Lechner zelebrierte er eindrucksvoll die Kunst der freien Improvisation. Mit Kurt Ostbahn alias Willi Resetarits ließ er es oftmals energetisch rocken. Solo zeigt er wiederum eine ungeheure Sensibilität. Aktuelle Projekte, etwa mit Franz Hautzinger, führen ihn heuer quer durch Europa und auch nach Afrika.

Mit der Gitarre "atmen"
"Atmen" - so heißt die neue CD Karl Ritters. Präsentiert wurde sie am 31. Mai im RadioKulturhaus. "Atmen" ist ein Meisterwerk der neuen Musik, ein Meisterwerk des Jazz, wenn auch diese CD nicht in eine Schablone passt. Selten noch hat man den Künstler so pur, so auf sich selbst reduziert, erlebt. u8232 Auf dieser CD hört man Klänge, die u. a. Spurenelemente des Blues enthalten. Hervorstechend ist aber eine neue akustische Klangwelt, die Ritter mit seiner Gitarre aufstößt. Man fühlt sich förmlich im Korpus seiner Gitarre gefangen, atmet frei ein und aus, ohne dass einem die Luft wegbleibt.

Herbert Uhlir (Juli 2004)

Stick To It

ME/Sounds charakterisierte das Soloschaffen Karl Ritters als die musikalische Schnittstelle aus Hendrix und Hawkwind, Captain Beefheart und Charlie Patton, Ry Cooder und Prodigy. Ich würde da etwas Zappa hinzufügen und dafür Hendrix weglassen. Aber das ist Geschmackssache. Tatsache ist, daß unser Prinz Karasek abseits der Pfade der Chefpartie bzw. der Kombo, beide im Solde des Herrn Ostbahn stehend, nicht gerade in kommerziell vielversprechenden Gefilden wandelt. Das spricht durchaus für den Künstler Ritter. "Stick To It" bringt Ausschnitte aus diesem bisherigen Schaffen, das zwar im Blues wurzeln mag, sich jedoch längst von dessen üblichen Kategorien losgesagt hat. Ritters Kompositionen sind vielmehr Collagen, in deren Mittelpunkt die Ausdrucks- und auch Leidensfähigkeit der Gitarre stehen. Was vermeintlich infernalisch beginnt, ist kompositorisches Konzept. Schattierungen, von denen man zunächst nicht sicher ist, ob man sie überhaupt hören will, die einen letztlich aber nicht los lassen. Dabei hält Karl Ritter bei allen Samples und Effektgeräten offensichtlich viel von Rhythmik und Groove, bezieht sich darin dann also doch auf die Roots. Somit schafft er Kleinode für Herz und Hirn.

DiHo (September 1999)

Karl Ritter

bekannt als Gitarrist von Ostbahn Kurt & die Kombo & die Chefpartie, hat bereits vier Solo-Alben veröffentlicht. Jetzt gibt's das Beste daraus auf "Stick To It" (efa/capriola) zu hören, einer wunderschönen Sammlung atmosphärischer, offener, Blues-inspirierter Instrumentals, mit verrückten Gitarrenbeiträgen. Schön, wenn Musiker mit diesem Instrument kreativ sind und neue Wege gehen, egal ob elektrisch oder akustisch. Karl Ritter macht fantastische Musik. Und auch a bisserl Filmmusik. Leiwand!

Gitarre&Bass (Agusut 1999)

KARL RITTER - Stick To It

"Dobromann" Karl Ritter ist nicht nur der kreative Sidekick von Dr. Kurt Ostbahn, er gehört auch zu den seltenen Glücksfällen experimentierfreudiger Saitentauberer, die in unserem Nachbarland Österreich genauso rar gesät sind wie in heimischen Gefilden. Seine Mixtur aus bluesigen Fetzgitarren, Griffbrettverzierungen, Sampling-Exzessen und groovigen Überraschungen ist immer wieder eine Entdeckung wert. Der vorliegende Sampler "Stick To It" macht hier keine Ausnahme und ist viel mehr als nur eine zusammengewürfelte Best-Of-CD. Ritters musikalischer Fundus ist beeindruckend und enthält neben erdig-sumpfigem Südstaaten-Blues mit widerborstigen Rhythmen auch hochverdichtete und komplexe Klangbilder. Karl Ritter ist kein Konfektionsmusiker von der Stange. Immer dann, wenn man ihn zu kennen glaubt, klingt er schon wieder eine Spur anders.

in Music (August 1999)

Karl Ritter - "Stick To It" - Kritik

Kann sich jemand die musikalische Schnittstelle aus Hendrix und Hawkwind, Captain Beefheart und Charlie Patton, Ry Cooder und Prodigy vorstellen? Nein? Karl Ritter kann. Sollte es auf dem dritten Ring des Saturn eine Baumwollfarm geben, der Sideman von Dr. Kurt Ostbahn hätte den passenden Blues. Wie ein Irrwisch fegt er zwischen akustischen und elektrischen Gitarren, Dobro, DAT-Gerät und diversen Pedalen umher, sumpft hier durchs Delta, ruft höllische Grooves ab, läßt Samples dazwischenfunken, zischt seltsames Voodoozeugs. Die Bandbreite reicht von singenden Soundtrack-Schleifen wie für einen David-Lynch-Western - "Tiefe" - bis zu abgedrehten Country-Blues Stücken wie "Dobro Utre". Anspieltip: "Sleider"

Vintage Guitar News (August 1999)

Wie leiwand pudern

Seine Musik paart sich frivol mit Techno und Avantgarde: Kurt Ostbahns Gitarrist Karl Ritter auf skurrilen Solo-Pfaden

Erster Eindruck: der spinnt. Zweiter Eindruck: der spinnt noch mehr, aber verdammt gut. Seine Gitarre heult, flüstert, kreischt, spricht, schrammelt und schluchzt, paart sich frivol mit Samples und jeder Menge anderem Techno-Zeugs, grast Blues, Rock und Avantgarde ab, klingt erdig, dann wieder sphärisch, ist dominant wie das Riesenrad auf dem Wiener Prater. Karl Ritter, der Gitarrist von Kurt Ostbahn & Die Kombo, führt ein Doppelleben. Mit seinem Album "Stick To It" legt er nun eine Art "Best Of"-Sammlung vor, um auch diesseits der Alpen als Solist aktiv zu werden.
"Wenn's um die künstlerische Freiheit geht, wird der Ritter zum Kreuzritter: Man muß alles probieren dürfen, ohne gleich nach den Vermarktungsmöglichkeiten fragen zu müssen. Was nicht heißt, daß ich keine Freude an kommerziellem Erfolg hätte, das ist ja auch eine Anerkennung. Aber Kunst muß frei von solchen Gedanken sein."
Mit sechs Jahren hat der heute 40jährige Karl Ritter angefangen, Geige zu lernen, später stieg er auf Gitarre um. "Ich habe nie Lagerfeuer-Oldies nachgespielt. Mir war es viel wichtiger, zum Beispiel eine Stunde lang nur mit der E-Saite rumzuexperimentieren." Er komponiert schriftlich; selbst die wildesten Exkursionen sind Note für Note festgehalten.
Seine Auftritte sind eine Melange aus Technik, Bühnenkulisse, Optik, Theater und Musik. In Österreich kommen jedes Mal so an die 250 bis 300 Fans. Und die Ritter-Gemeinde wächst seit seinem 95er Album "Dobromann" ständig. "Stick To It" (Capriola/EFA 01741-2) ist soeben erschienen, am 26. gibt es eine Präsentation im Cafe Muffathalle.
"Als Musiker muß man besessen sein", sagt Ritter, "und trotzdem professionell. Ich weiß natürlich, daß meine Musik nicht leicht verdaulich ist. Doch wer sich drauf einläßt, bekommt dafür eine Unterhaltung der besten Art. Denn meine Musik ist wie leiwand pudern."

Arno Frank Eser (Juli 1999)

Ziemlich verrückt

Daß der Österreicher Karl Ritter seine Werke auf einem kleinen Münchner Label veröffentlicht, könnte in der Angst begründet sein, im Land des Austria-3-Gesülzes für verrückt erklärt zu werden. Es könnte aber auch daran liegen, daß Ritter, einst Gitarrenlegende bei Kurt Ostbahns Chefpartie, der im eigenen Saft schmorenden deutschen Avantgarde-Liga ein bißchen Paprika beimischen wollte. Vielleicht aber war man sich einfach nur sympatisch.
Wobei der Gedanke, Karl Ritter für verrückt zu erklären, nun doch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Wer sich und seine Phantasien so gnadenlos auslebt, wer sein Innerstes über den Weg der Musik fast schon exhibitionistisch nach außen stülpt, wer so schnurstracks am Mainstream vorbeimusiziert, der muß schon einen verdammten Knall in der Birne haben. Aber es soll ja irgendwo ein Publikum geben, das auch bei Musik zuhört, die jenseits der eingetretenen Pfade nach Wegen in die Zukunft sucht. Und dort fühlt sich Ritter wohl, man könnte sagen: sauwohl. Es ist eine Mischung aus dem simplen Blues und den wilden, ungezügelten Ausbrüchen in eine nur vordergründig atonale Welt, die Ritter offeriert. Mal skizziert er zart die Tiefe des Meeres (und erinnert dabei an den frühen Sigi Schwab), mal flippt er als legitimer Ziehsohn Zappas aus den Konventionen, um sich dann gleich wieder mit perfekter Technik und dem heimeligen Sound der durchgestimmten Gitarre über das Fingerpicking-Gehüpfe eines James Taylor lustig zu machen.
Karl Ritter präsentierte heute um 20 Uhr im Cafe der Muffathalle diese Platte. Das kann man auch als Warnung verstehen.

fok (Juli 1999)

ALBUM DES MONATS

Weinende Gitarren, atonale Samples und höllische Grooves - Merkmale, die das Werk von Karl Ritter auszeichnen. Bekannt geworden ist der Österreicher als Gitarrist der Kultband "Ostbahn-Kurti und die Chefpartie", aus der sich später "Kurt Ostbahn & Die Kombo" entwickelte. Schon dort experimentierte er mit atonalen Geräuschkaskaden. Der Mann, dem künstlerische Kompromisse fremd sind, verkörpert wie kaum ein anderer den Blues des modernen, musisch gebildeten Großstädters. Diesen Musikstil versteht Karl Ritter nicht als enge Orientierung am traditionellen harmonischen Schema, sondern als Weg, Seelenschmerzen in intensiver und kreativer Weise hörbar zu machen. Zum Beispiel, indem er Slidegitarren-Figuren spielt, die Gänsehaut erzeugen und sie dann per Fußschalter mit Technozitaten füttert. STICK TO IT ist mehr als "nur" eine "Best Of " - CD: es ist die Werkschau eines der interessantesten und bedeutendsten Gitarrenkünstlers, welchen die Musikwelt derzeit kennt.

Andreas Kunz (Mai 1999)

Schubert, Keyboards und die Knopferlharmonika

Thomas Pernes realisiert, noch bevor in Wien über "offene Regionen" diskutiert wird, sein eigenes grenzüberschreitendes Projekt: Ein Avantgardist entdeckt Schubert.

"Das ist ja", sagt er, "einer der Hauptgründe, daß wir keine Subventionen bekommen." Thomas Pernes, einst führender Kopf der jungen Wiener Avantgarde, hat Schubert entdeckt, behauptet, man könne mit dem romantischen Erbe, aber auch mit Ländlern und Jodlern heute noch etwas anfangen - und will den Beweis dafür antreten. "Das", so kommentiert er die Haltung der offiziellen Musikunterstützer unseres Landes, "darf heute noch immer nicht sein"; man hat auf Kuratorenseite seine Vorstellungen, was Avantgarde ist und was nicht. Letzteres muß schauen, wo es bleibt. Es bleibt, im Falle von Thomas Pernes, zum Beispiel in den CD-Playern so unterschiedlicher Konsumenten wie Wiener Intellektuellen und Salzburger Sennerinnen. Seit kurzem arbeitet der Komponist in Trio-Formation, mit Karl Ritter, einem Mitglied von Ostbahn-Kurtis Band, und Georg Eder, einem Virtuosen auf der Knopferlharmonika. Mit Eder hat Pernes schon zusammengearbeitet, als er 1983 daran ging, Volksmusik aus dem Ausseerland mit eigenen avantgardistischen Versuchen zu einem Werk namens "Alpenglühn" zu verdichten (von Bernd Bienert an der Staatsoper dann faszinierend vertanzt). Jetzt dient "Alpenglühn" als Basis für neue Kreationen des Trios "Ritter, Pernes, Eder", die am Donnerstag (19 Uhr) in der Wiener Alten Schmiede zu hören sein werden. Da erreicht man zwar avantgardistische Bereiche, nimmt aber eben auch bei Franz Schubert Maß. Nicht von ungefähr: "Wenn man erkennt, daß sechzig Jahre Avantgarde in eine Sackgasse geführt haben, kann man nicht auf Dauer die Augen verschließen und so tun, als ginge das alles ad infinitum so weiter" (Pernes). Vielleicht bringt die neue Melange aus "E" und "U" und "Ethno", aus"Avantgarde" und "Reaktion" den ersehnten Urknall - oder jedenfalls die Sprengung all dieser Begriffe, die den freien Blick aufs Wesentliche, auf die klangliche Realität der Musik nämlich, eher verstellen als ihn fördern ...

Wilhelm Sinkovicz (März 1996)

PERNES • RITTER • EDER - "SONNWENDE"

Das Wichtigste beim Walzen ist immer der erste Schritt: einszweidrei, rumms-tidi. Die andern zwei schlappen nach. Beim bäurischen Vorläufer des städtischen Walzers, dem Ländler, wird auf der Eins sogar noch extra aufgestampft, das Knie hochgerissen, neu Schwung genommen. Freilich ist es nicht der gemeine Feld-Wald-Wiesen-Ländler aus der Volksmusikhitparade, den man auf dieser köstlichen kleinen Maxi-CD namens "Sonnwende" trapsen hört, sondern was Spezielles: etwa ein "Steirischer mit G'schleunigem Landler", der, rumms-tidi, immer wilder und schriller wird, bis Töne hineinpurzeln, die gar nicht hierhergehören: nölt der Synthesizer, zirpt eine Countrygitarre. Flüstert einer: tschukki-duppdupp. Grölen drei wilde Kerle ein derbes Loblied auf das Altausseer Land. Schon vorbei. Schon schlappt es weiter, diesmal schubertsch gesittet auf einem einsam scheppernden Hammerklavier. (teepee records 3, Extraplatte, Bezug über EFA).

Zum ersten Mal haben diese drei vor über zehn Jahren zusammen musiziert, für das Ballett "Alpenglühn" an der Wiener Staatsoper: Der Avantgardekomponist Thomas Pernes (Tasteninstrumente), der Volksmusikant Georg Eder (Ziehharmonika) und der Rockgitarrist Karl Ritter von der Truppe Ostbahn-Kurti (Gitarren). Der Erfolg war riesig, aber auch der Erkenntnisschock darüber, wie dicht miteinander verwachsen und wie frisch noch die Wurzeln sind von feiner Klassik-, heißer Rock- und herziger Volksmusik. Wenn nur einer sich traut, sie freizulegen. Und wenn drei wie diese einander trauen beim Musizieren: Pernes, Ritter und Eder, rumms-tidi! Gottlob, jetzt spielen sie wieder zusammen.

Eleonore Büning (April 1996)